Feierliche Auszeichnung mit Svenja Schulze und Dieter Overath
Am Freitagvormittag stand der Marktplatz in Tecklenburg ganz im Zeichen des fairen Handels: Bereits zum dritten Mal wurde die Stadt offiziell als Fairtrade-Town ausgezeichnet. Gleichzeitig durfte sich das Graf-Adolf-Gymnasium (GAG) über eine besondere Premiere freuen – die Schule wurde erstmals als Fairtrade-School zertifiziert.
Um diesen besonderen Anlass gebührend zu würdigen, machten sich zwei prominente Gäste auf den Weg nach Tecklenburg: Svenja Schulze, Bundestagsabgeordnete, ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und davor Bundesumweltministerin, sowie Dieter Overath, Gründer und Geschäftsführer von Fairtrade Deutschland von 1992 bis 2022.
Schon der musikalische Empfang durch die Chorklasse des GAG sorgte vor dem Haus des Gastes für eine festliche Atmosphäre. Anschließend führte Bürgermeister Stefan Streit aus, wie breit der Fairtrade-Gedanke in Tecklenburg bereits verankert ist – von fairen Produkten in der Stadtverwaltung und im Sortiment von acht Einzelhändlern und acht Gastronomen in Tecklenburg bis hin zu Veranstaltungen wie dem Nikolausmarkt, bei dem 1000 faire Nikoläuse verteilt werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der Zerschlagung der Entwicklungshilfe in den USA und den Kürzungen der deutschen Entwicklungshilfe, sei es umso wichtiger, dass jede Kommune ihren eigenen Beitrag leiste.
Svenja Schulze zeigte sich beeindruckt vom umfassenden Engagement für den fairen Handel. Sie betonte, dass jede Kommune, jede Schule und jeder einzelne Einkauf vor Ort zu einer gerechteren und nachhaltigeren Weltwirtschaft beitragen kann. Bei einem Besuch auf einer Kakaoplantage als Entwicklungsministerin habe sie selbst erlebt, wie bereits wenige Cent mehr pro Kilo Kakao ermöglichen, dass Kinder zur Schule gehen anstatt arbeiten zu müssen. Bei Fairtrade gehe es darum, dass Menschen in Würde leben und faire Arbeitsbedingungen haben und es sei „großartig“, mit welcher Bereitschaft die Stadt Tecklenburg und das Graf-Adolf-Gymnasium sich dafür einsetzen.
Auch Klimaschutzmanagerin Vera Löckemann verdeutlichte am Beispiel der Schokolade die globalen Ungleichgewichte: 5,5 Millionen kleinbäuerliche Produzent:innen stehen wenigen Großkonzernen gegenüber – allein die drei größten verarbeiten mehr als 50 Prozent der weltweiten Ernte. Diese Marktmacht zwinge die Erzeuger zum Verkauf zu Tiefstpreisen – mit gravierenden Folgen: In Ghana und der Elfenbeinküste arbeiten laut Studien 30 bis 50 Prozent der Kinder in ländlichen Regionen in der Kakaoproduktion.
Von ihrem langjährigen Engagement berichteten auch Eva Linsky und Sabine Wallmeier, Gründungsmitglieder der Fairtrade-Steuerungsgruppe Tecklenburg. Seit 35 Jahren werde in Brochterbeck bereits der faire Gedanke gelebt. Neben dem Verkauf von fairen Produkten im Pfarrheim St. Peter und Paul, werden auch bei vielfältigen Aktionen wie der FAIR-Kostung, dem Erntedankfest oder der Orangenaktion regelmäßig der Faire Gedanke beworben. Zudem finden im Rahmen der fairen Woche im September Veranstaltungen statt, darunter 2024 eine Zukunftswerkstatt oder die Vorführung des Dokumentarfilms „Urgewald“.
Die Auszeichnung als 999. Fairtrade-School in Deutschland nutzte Schulleiterin Evelyn Futterknecht, um sich insbesondere bei den engagierten Schüler:innen des Fairtrade-Schulteams FAIRyGAGa und Julia Renkewitz, der UNESCO-Beauftragten des GAG, herzlich zu bedanken. Die FAIRyGAGas berichtete im Anschluss von ihren „FAIRsuchen, die Welt ein bisschen besser zu machen“. Dazu gehören unter anderem der Bau eines schuleigenen Fairkauf-GAG-Shops, in dem in Pausen faire Produkte angeboten werden, der GAG-Nachhaltigkeitskompass, der Bücherschrank, der naturnah gestaltete Schulhof, die Beschäftigung mit Fast Fashion und Greenwashing oder die Ausstellung KonsumWandel.
Zum Abschluss der Veranstaltung überreichte Dieter Overath die Urkunden und zeigte sich sichtlich begeistert vom nachhaltigen Engagement in Stadt und Schule. Zudem wies er eindrücklich darauf hin, dass es in unser aller Interesse ist, einen nachhaltigen, klimaangepassten Anbau zu fördern, wenn wir in Zukunft weiterhin Kaffee trinken oder Schokolade essen wollen. Denn Klimawandel und Biodiversitätsverluste führten bereits jetzt zu Ernteausfällen und somit auch für uns zu Preiserhöhungen.






